Humanoide Roboter in der Logistik: Heute Science-Fiction, morgen Realität? 

Ist der Einsatz der Technologie auch in der Logistik möglich?

Autor: Andre Kranke I Lesezeit: 5 Minuten I Foto: NEURA Robotics

05/11/2025

Humanoide Roboter galten lange als Zukunftsvision. Doch erste Praxiserfahrungen zeigen: Die Technik könnte mittelfristig auch in der Logistik zum Einsatz kommen. 

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Humanoide Robotik bezeichnet Roboter, die dem menschlichen Körper in Form und Bewegungsweise nachempfunden sind – typischerweise mit zwei Armen, zwei Beinen, einem Torso und einem Kopf. Sie sind darauf ausgelegt, Aufgaben in Umgebungen zu übernehmen, die für Menschen konzipiert sind. Ihre Sensorik erlaubt in einem gewissen Rahmen Sehen, Hören und Tasten, ihre Software ermöglicht Interaktion und Lernen. 

Ergänzend dazu wird auch von anthropomorpher Robotik gesprochen, die sich stärker auf einzelne soziale Merkmale konzentriert, also Roboter mit ausgewählten menschlichen oder auch tierischen Merkmalen wie Gesichtszügen, Gliedmaßen oder emotionalem Verhalten. Besonders wichtig sind solche Elemente zum Beispiel für Einsatzfelder in der Pflege oder im Gastronomie-Service.  

Humanoide Roboter-Prototypen haben sich in den vergangenen Jahren stark weiterentwickelt. Foto: NEURA Robotics

Menschähnliche Roboter: USA und Asien führend in der Entwicklung 

Bereits heute sind humanoide Roboter-Prototypen in der Lage, komplexe Bewegungen wie Laufen, Springen und Navigieren auf unebenem Terrain auszuführen. Das zeigt eindrucksvoll, wie sich hier die Technologie in den vergangenen Jahren weiterentwickelt hat. Außerdem erkennen die „Humanoiden“ immer besser Sprache und Gesten, sie analysieren Mimik und können in definierten Umgebungen einfache Aufgaben wie das Greifen von Objekten oder das Sortieren von Behältern übernehmen.  

Bekannte Modelle wie „Atlas“ von Boston Dynamics, „Digit“ von Agility Robotics oder „Figure 01“ von Figure bewegen sich auf zwei Beinen, verfügen über zwei Arme mit einer einfachen Greifhand und sind für den Einsatz in industriellen Umgebungen konzipiert. Die „Humanoiden“ dieser US-amerikanischen Anbieter wiegen 50 bis 70 Kilogramm, sind 1,50 bis 1,75 Meter groß und erreichen eine Gehgeschwindigkeit von 5 Stundenkilometern. Die Betriebsdauer beträgt derzeit bis zu einer Stunde, wird sich aber weiter steigern. Die meisten Anbieter in diesem stark wachsenden Markt kommen aus den USA sowie China, Indien und Südkorea. Als einer der wenigen deutschen und europäischen Anbieter arbeitet das Baden-Württembergische Unternehmen Neura Robotics mit seinem Modell „4NE1“ daran, Anschluss am Weltmarkt zu halten.      

Humanoide Roboter sollen künftig dazu in der Lage sein, sich sehr flexibel an wechselnde Aufgaben anzupassen – ohne aufwendige Programmierung oder Infrastrukturmaßnahmen. Sie könnten dann in bestehenden Logistikumgebungen eingesetzt werden, in denen auch Menschen arbeiten, und Tätigkeiten wie das Heben, Sortieren oder Entladen übernehmen.  

Bereits heute sind humanoide Roboter-Prototypen in der Lage, komplexe Bewegungen wie Laufen, Springen und Navigieren auf unebenem Terrain auszuführen.
Andre Kranke, Head of Corporate Research & Development bei DACHSER

Noch viele Herausforderungen und hohe Kosten 

Trotz beeindruckender Fortschritte stehen humanoide Roboter jedoch vor drei zentralen technischen Herausforderungen: 

  1. Mobilität und Balance: Der aufrechte Gang erfordert komplexe Stabilitätsmechanismen, um Stürze zu vermeiden – insbesondere in unbekannten Umgebungen. 
  1. Energieversorgung: Die Batterielaufzeit ist derzeit begrenzt. Ziel sind mindestens vier bis fünf Stunden Betrieb mit schneller Ladezeit. 
  1. Sensorik & Software: Die Kombination aus KI, Sensorik und Steuerungssystemen muss weiter verbessert werden, um zuverlässige und autonome Interaktionen mit den Menschen zu ermöglichen. Eine große Herausforderung ist auch noch das „Fühlen“, um zum Beispiel beim Greifen empfindliche Gegenstände sicher aufnehmen zu können.  

Auch Anschaffungs- und Betriebskosten sind derzeit noch ein Hemmnis. Hohe Material- und Entwicklungskosten machen humanoide Roboter für viele Anwendungen wirtschaftlich unattraktiv. Doch mit einer Massenproduktion könnten sich in den kommenden Jahren die Investitionskosten deutlich verringern. 

Analysten erwarten, dass humanoide Roboter ab dem Jahr 2030 in der Logistik zunehmend eingesetzt werden – insbesondere in Bereichen mit hohem Personalmangel und ergonomisch belastenden Tätigkeiten. Technologische Fortschritte in KI, Sensorik und Hardware könnten diese Entwicklung weiter vorantreiben.  

Analysten erwarten, dass humanoide Roboter ab dem Jahr 2030 in der Logistik zunehmend eingesetzt werden.
Andre Kranke, Head of Corporate Research & Development bei DACHSER

Akzeptanz und Effizienzfragen  

Aber neben Wirtschaftlichkeit und technischer Funktionsfähigkeit entscheiden zwei weitere Aspekte darüber, ob tatsächlich humanoide Roboter in der Logistik Einzug halten: Zum einen muss bei den menschlichen Kollegen Akzeptanz geschaffen werden, künftig mit menschen-ähnlichen Maschinen zusammenzuarbeiten. Ein Humanoider darf zum Beispiel aufgrund seiner Größe, Stimme oder Bewegungen niemals bedrohlich auf Menschen wirken.  

Und die zweite Fragestellung, die eigentlich immer zuerst zu beantworten ist: Lässt sich die Aufgabe nicht viel effizienter mit normaler Robotik und Automatisierung bewältigen? Macht eine menschenähnliche Maschine tatsächlich Sinn?  

Es gibt viele Aspekte, die in den kommenden Jahren von der Forschung noch untersucht und beantwortet sowie in der Praxis bewiesen werden müssen, doch könnten humanoide Roboter bereits in absehbarer Zeit Einzug in die Arbeitswelt und in die Logistik finden.  

Auf YouTube können Sie sich einen Eindruck verschaffen von den Entwicklungen von Boston Dymanics und NEURA Robotics

Andre Kranke

Head of Corporate Research & Development bei DACHSER

Andre Kranke

Head of Corporate Research & Development bei DACHSER

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