Bernhard Simon im Video-Interview: Zwanzig Jahre gelebte Partnerschaft mit Terre des Hommes
Autor: Marcus Schick I Lesezeit: 5 Minuten
04/11/2025
Vor zwei Jahrzehnten begann DACHSER eine Partnerschaft mit der Kinderrechtsorganisation Terre des Hommes. Bernhard Simon prägt diese Erfolgsgeschichte von Anfang an. Im Video-Interview beantwortet der Vorsitzende des Verwaltungsrats die häufigsten Fragen zur Zusammenarbeit. Wir wollten darüber hinaus noch ein wenig mehr wissen.
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Herr Simon, welchem Leitmotiv folgt die Zusammenarbeit mit Terre des Hommes?
B. Simon: Wir folgen strikt dem Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“, da Entwicklungsarbeit keine Einbahnstraße sein darf. Wir wollen Menschen in die Lage versetzen, ihr eigenes Leben zu gestalten. Das erfordert Geduld, Vertrauen und Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Niemand darf sich als Bittsteller fühlen, und auch wir dürfen nicht als Gönner auftreten. Aus einer Idee soll Self-Employment und schließlich eine selbsttragende Struktur entstehen, das ist das eigentliche, übergeordnete Ziel.
Können Sie ein Beispiel geben, wo das gelungen ist?
B. Simon: In Sambia unterstützen wir ein lokales Projekt zum Thema Abfallwirtschaft. In der Hauptstadt Livingston gibt es keine kommunale Müllentsorgung. Gemeinsam mit Terre des Hommes und einer NGO vor Ort entstand die Idee, eine Gruppe junger Menschen beim Aufbau eines Recyclingbetriebs zu unterstützen. Heute ist daraus ein Unternehmen geworden – Trash4Cash – das Arbeitsplätze schafft, Löhne zahlt und auch der Community ein kleines Einkommen für gesammelten Müll zurückgibt. Es ist ein Leuchtturmprojekt für Self-Employment – ein Beispiel dafür, wie Eigeninitiative, Unternehmergeist und Verantwortung zusammenwirken.
Wir wollen Menschen in die Lage versetzen, ihr eigenes Leben zu gestalten. Das erfordert Geduld, Vertrauen und Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Wie spiegelt sich dieses Denken bei DACHSER wider?
B. Simon: Das alles fußt auf unserer wertebasierten Unternehmensführung. Als guter, verantwortungsvoll denkender Weltbürger, als Corporate Citizen, müssen wir überlegen: Was sind eigentlich die Normen die wichtig sind, damit unsere Geschäfte, tragfähig für die Zukunft sind? Weil diese Normen nicht überall auf der Welt gleichermaßen weiterentwickelt sind, braucht es ein internes Regelwerk. Wenn es darüber hinaus Sinn ergibt, noch Aktivitäten und Projekte zu unterhalten, die über die reine Gewinnerzielungsabsicht hinausgehen, dann nennen wir das Corporate Citizen+. Es geht darum, Verantwortung dort zu übernehmen, wo wir als Unternehmen aktiv sind.
Wir nehmen uns selbst in die Pflicht: Wenn ich diese Werte nicht im eigenen Unternehmen lebe, kann ich sie auch nicht glaubwürdig nach außen vertreten. Mir ist wichtig, dass es bei Corporate Social Responsibility nach DACHSER-Art nicht um „Social Washing“ geht. Corporate Citizenship braucht Integrität.
Frauen und Kinder stehen oft im Mittelpunkt der Projektarbeit. Warum dieser Fokus?
B. Simon: Weil sie am stärksten von Armut, Umweltzerstörung und gesellschaftlicher Benachteiligung betroffen sind – und gleichzeitig das größte Veränderungspotenzial in sich tragen. Ich erinnere mich gut an das Theaterstück Malala, das wir im Rahmen des interkulturellen Herbstes in Kempten unterstützt haben. Die Geschichte rund um Malala Yousafzai, die mit elf Jahren für das Recht auf Schulbildung in ihrer Heimat Afghanistan gekämpft hat und mit fünfzehn knapp einen Mordanschlag der Taliban überlebte, hat eindrücklich gezeigt, was der Wille zum Lernen bewirken kann. Bleistifte sind stärker als Waffen – dieses Bild begleitet mich bis heute. Bildung, besonders für Mädchen, ist der Schlüssel für jede nachhaltige Entwicklung.
In Ihren Aussagen schwingt immer auch ein politischer Gedanke mit. Welche Verantwortung haben Unternehmen hier?
B. Simon: Neben der sozialen und ökologischen gibt es auch eine politische Verantwortung – wir sprechen von Corporate Political Responsibility, CPR. Das bedeutet, Werte und Standards überall dort auch mit Leben zu füllen, wo wir tätig sind – in Deutschland ebenso wie in Indien oder Vietnam. Es reicht nicht aus, auf dem Heimatmarkt korrekt zu handeln und anderswo die Augen davor zu verschließen. Wir sprechen über kritische Zustände, die Folgen des Klimawandels und die Vorteile freiheitlicher Gesellschaften. Das ist der Keim für CPR, wie wir sie bei DACHSER verstehen und wie sie auch in Projekten mit Terre des Hommes zum Ausdruck kommt.
Was 2015 mit einem ersten Projekt in Indien begann – einem Land, das damals nicht im Fokus der internationalen Hilfe stand – hat sich zu einer tiefen, strategischen angelegten Partnerschaft entwickelt. Heute können DACHSER und Terre des Hommes auf erfolgreiche Projekte in mehr als einem Dutzend Länder zurückblicken.

Wie sehen Sie die Zukunft der Zusammenarbeit mit Terre des Hommes?
B. Simon: Wir haben gemeinsam noch viel vor. Und wir haben die Zusammenarbeit auch bereits weiter ausgebaut. Ende 2023 haben DACHSER, Terre des Hommes und myclimate offiziell ihre gemeinsame Arbeit aufgenommen, um mit gemeinsamen Projekten die Folgen des Klimawandels zu adressieren sowie der lokalen Bevölkerung langfristige Zukunftsperspektiven zu eröffnen. Ziel ist immer, Projekte zu realisieren, die den Klimaschutz fördern und dabei zugleich lokale Gemeinschaften stärken und die Lebensbedingungen für Kinder und Jugendliche verbessern.
Was treibt Sie persönlich dabei an?
B. Simon: Als Unternehmer und Aufsichtsratsvorsitzender von DACHSER möchte ich gestalten, etwas aufbauen, das auch künftigen Generationen bleibt. Das Eintreten füreinander im Sinne einer integrativen Verantwortung, gründet auf dem Bewusstsein, dass einer allein nichts ist, aber alle zusammen wie ein Netz sind. Schon seit der Gründerzeit durch meine Großeltern hat es uns als Unternehmensfamilie immer getragen, dass es uns wichtig ist, darauf zu achten, wie wir Dinge machen. Es geht darum, dass wir jeden Morgen noch mit einem Lächeln im Gesicht in den Spiegel schauen können.






