DACHSER & FERCAM: Beginn einer neuen Ära

Wie das neue Gemeinschaftsunternehmen Europas Logistik voranbringt

Autor: Marcus Schick

I Lesezeit: 10 Minuten

28/11/2024

Es ist ein echter Meilenstein: Mit der Gründung von DACHSER & FERCAM Italia baut DACHSER sein leistungsstarkes Landverkehrsnetzwerk weiter aus und stärkt das Stückgut- und Kontraktlogistikgeschäft in Italien. Davon profitieren Kunden in ganz Europa.

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Es sind 314 lange und beschwerliche Kilometer. Von Modena geht es auf der Autostrada A22 immer steiler hinauf zum 1.370 Meter hoch gelegenen Brennerpass an der Grenze zu Österreich. Der Lkw hat Paletten mit Espresso-Maschinen geladen – der Inbegriff Italiens in ganz Europa und darüber hinaus. Für Bernardo, den Fahrer aus Verona, ist der Weg über die Brenner-Route ein „Heimspiel“ und doch jedes Mal wieder besonders: „Der Blick auf die schneebedeckten Gipfel, die weitläufigen Obstplantagen, wildrauschende Wasserläufe – che bello!“ Dass es sich auf der meistbefahrenen Straßenverkehrsverbindung zwischen Österreich und Italien regelmäßig staut und gerade in der Ferienzeit viel Geduld gefragt ist, nimmt der Fahrer gelassen. „Ein Alpenpass ist und bleibt eben immer auch eine Herausforderung der Natur.“

Die Topografie und Geografie Italiens machen für Logistiker gleichermaßen die Attraktivität wie auch die besondere Herausforderung des Marktes aus. Die Halbinsel in ihrer Stiefelform erstreckt sich über fast 1.200 Kilometer von den Alpen im Norden bis zum Ionischen Meer im Süden. Die Länge der Küsten beträgt rund 7.600 Kilometer. Mit einer Fläche von 301.340 Quadratkilometern und knapp 59 Millionen Einwohnern ist Italien eines der größten Länder Europas. Über 70 Prozent der Bevölkerung lebt heute in urbanen Gebieten – allen voran in den Ballungsräumen um die Hauptstadt Rom sowie Mailand, Neapel und Turin. Und auch das charakterisiert bis heute Italien: Im sogenannten „Mezzogiorno“, den Regionen von den Abruzzen bis Sizilien, ist die Wirtschaftsleistung pro Kopf nur halb so groß wie im Norden. Dementsprechend geringer ist die Präsenz der produzierenden Industrie im Süden.

In dieser logistisch herausfordernden Umgebung haben DACHSER und Fercam, ein traditionsreiches Logistikunternehmen mit Stammsitz in Bozen, seit 2003 eine intensiv gelebte Partnerschaft im Stückgut-Handling entwickelt und kontinuierlich ausgebaut. Dabei kennt Fercam den italienischen Markt bestens und verfügt über ein flächendeckendes Netz an Niederlassungen. So wurden Stückgutsendungen aus dem europäischen DACHSER-Netzwerk über zwei Jahrzehnte zuverlässig in Italien verteilt. Umgekehrt speiste Fercam italienische Waren, wie eben die Espresso-Maschinen in Bernardos Lkw, in das europaweite Netzwerk von DACHSER ein – ein eingespieltes, vielfach bewährtes Team von Netzwerkpartnern.

DACHSER & FERCAM Italia
DACHSER & FERCAM Italia: Das Partnerunternehmen ging im März 2024 an den Start.

Ein Meilenstein für DACHSER und Fercam 

Im März 2024 erreichte die Partnerschaft ein neues Level: Das Gemeinschaftsunternehmen DACHSER & FERCAM Italia S.r.l. wurde aus der Taufe gehoben. Zuvor hatten beide Unternehmen einen Vertrag unterzeichnet, nach dem DACHSER 80 Prozent der Stückgut- und Kontraktlogistiksparten von Fercam übernahm. „Dieser Schritt war ein bedeutender Meilenstein für uns“, erklärt DACHSER CEO Burkhard Eling. „Mit dem Zukauf konnten wir die letzte Lücke schließen und unser eigenes Stückgut- und Kontraktlogistiknetz in den großen kontinentaleuropäischen Märkten Europas komplettieren. Wir stärken unser Netzwerk in Südeuropa und schaffen gleichzeitig die Voraussetzungen für weiteres Wachstum.“

Auch Hannes Baumgartner, geschäftsführender Gesellschafter von Fercam, sieht in der neuen Konstellation großes Potenzial: „Die Weiterführung des Stückgut- und Kontraktlogistikgeschäfts unter dem Dach des DACHSER-Netzwerks ist der richtige Schritt, um die positive Entwicklung und das zukünftige Wachstum in Italien und Europa zu sichern.“ Die vertrauensvolle Zusammenarbeit der vergangenen Jahrzehnte habe untermauert, dass die beiden Familienunternehmen Fercam und DACHSER langfristig planen und die gleichen Werte teilen.

Mit dem Zukauf komplettieren wir unser eigenes Stückgut- und Kontraktlogistiknetz in den großen kontinentaleuropäischen Märkten Europas.
Burkhard Eling, CEO bei DACHSER

Es ist in diesen Tagen der gemeinsamen Neuaufstellung eines nicht zu überhören: Man kennt sich gut und schätzt einander. „In den Jahren der Zusammenarbeit ist das gegenseitige Vertrauen gewachsen. Wir wissen, was wir aneinander haben und wie wir daraus Vorteile für die Kunden und unser Netzwerk schöpfen können“, sagt Alexander Tonn, der als COO Road Logistics bei DACHSER den Übernahmeprozess von Anfang an maßgeblich mit begleitet und gesteuert hat. Geführt wird DACHSER & FERCAM Italia vom langjährigen Fercam-Verantwortlichen für Distribution und Logistics, Dr. Gianfranco Brillante, der nun direkt an Alexander Tonn berichtet.

Auch wenn Fercam und DACHSER über all die Jahre auf allen operativen Ebenen eingespielte Partner waren, ist das Zusammenführen zweier Logistiksysteme unter dem Dach von DACHSER eine Herausforderung. Das weiß auch Roland Hillenbrand, der im Rahmen seiner damaligen Tätigkeit in der Mergers & Acquisitions-Abteilung in der DACHSER-Zentrale in Kempten für die Umsetzung und Ausgestaltung des Gemeinschaftsunternehmens zuständig war. „Ein ungemein spannender Prozess, der von vielen herausragenden Persönlichkeiten auf beiden Seiten getragen worden war“, erinnert er sich. Heute ist Roland Hillenbrand Head of Finance der neuen Business Unit European Logistics Italy. „Nachdem im August 2023 der Vertrag von DACHSER und Fercam unterzeichnet wurde, ging alles Schlag auf Schlag. Es folgte eine Neuaufstellung im Sprint – und das im laufenden Geschäftsbetrieb. Eine große Energieleistung, die nur gelingt, wenn alle vom Erfolg überzeugt sind und an einem Strang ziehen.“

In den Jahren der Zusammenarbeit ist das gegenseitige Vertrauen gewachsen. Wir wissen, was wir aneinander haben und wie wir daraus Vorteile für die Kunden und unser Netzwerk schöpfen können.
Alexander Tonn, COO Road Logistics bei DACHSER

Aus Zwei wird Eins

Francesco Comerlati, Head of Sales im Gemeinschaftsunternehmen, bekommt noch heute glänzende Augen, wenn er auf die Bekanntgabe der Übernahme zurückblickt: „Mitten im August, wenn gefühlt ganz Italien in den Ferien ist, hatte die Nachricht der Übernahme alle elektrisiert. Dann ging es von 0 auf 100 in fünf Sekunden. Auch wenn es natürlich ein paar Skeptiker gab, war die Lust auf das neue Gemeinschaftswerk überall mit Händen zu greifen“, berichtet Comerlati. Es hätte dabei auch immer etwas Abenteuer mitgeschwungen: „In unseren Teams haben wir gleich das große Potenzial von DACHSER & FERCAM Italia für die Kunden gesehen. Wir wussten aber nicht, wie wir es berechnen sollten. Wir wussten nur, dass es sehr, sehr groß ist.“

Bereits im November 2023 begannen die Vorbereitungen für die Integration der Fercam-Sparten Distribution und Logistics in das DACHSER-Netzwerk. Diese sogenannte „Carve-out“-Phase verlangte von beiden Seiten ein intensives Zusammenrücken. „Es ging nicht nur darum, Standorte und Mitarbeitende in das neue Gemeinschaftsunternehmen zu überführen, sondern auch die Systeme und Prozesse auf einen erfolgreichen Start vorzubereiten“, stellt Roland Hillenbrand fest. „Dazu bedarf es vor allem vieler persönlicher Begegnungen und Gespräche.“ Auf den 263 Kilometern zwischen den Unternehmenszentralen von DACHSER in Kempten und von Fercam in Bozen habe seit August 2023 ein reger Pendelverkehr stattgefunden, dazu zahlreiche Meetings, Informationsveranstaltungen und Video-Konferenzen. „Weil wir uns schon über Jahre von der obersten Führungsebene bis hin in den operativen Bereich im gleichen Personenkreis getroffen hatten, gelang in dieser Umbruchphase ein echter Austausch von Ideen, die dann gesammelt, verarbeitet und für eine kontinuierliche Verbesserung aller Prozesse zusammengeführt wurden“, stellt Francesco Comerlati fest. „Das setzte viele Kräfte frei.“

brenner, motorway, road
Die Brenner-Autobahn ist eine der entscheidenden Straßenverbindungen von Nord- und Mitteleuropa nach Italien.

Heimvorteil nutzen

Und die Konzentration der Kräfte ist beim Durchstarten von DACHSER & FERCAM Italia durchaus gefragt. Das wird beim Blick auf die Zahlen deutlich: Mit knapp 1.000 Mitarbeitenden und 47 Standorten in ganz Italien hat Fercam eine breite Basis in das neue Gemeinschaftsunternehmen eingebracht. „Die herausragende logistische Infrastruktur, die Fercam über Jahrzehnte aufgebaut hat, ist ein großer Vorteil“, sagt Alexander Tonn. „Unser Ziel ist es, in den nächsten Jahren nicht nur in Italien, sondern in ganz Europa weiter zu wachsen.“ Die Grundlage dafür werden verlässliche, einheitliche Qualitätsstandards sein.

„Wir investieren bei DACHSER massiv in homogene IT-Systeme und innovative digitale Lösungen, um den Warenfluss effizienter zu gestalten und unsere Prozesse ständig zu optimieren“, so der DACHSER COO. Eine wichtige Rolle spielen dabei europaweit standardisierte Transportprodukte aus der entargo-Produktfamilie mit fest definierten Laufzeiten und Qualitätsstandards. „Das ist nur in einem umfassenden Netzwerk mit einheitlichen Logistikprozessen möglich und bringt den Kunden deutliche Vorteile“, erklärt Tonn.

Unsere Stärke ist, dass wir sowohl die großen Industriebetriebe im Norden als auch die kleineren Unternehmen im Süden bedienen können.
Dr. Gianfranco Brillante, Managing Director DACHSER & FERCAM Italia

Einen besonderen Fokus legt das Gemeinschaftsunternehmen auf das über Jahrzehnte weiter entwickelte Transportmanagementsystem Domino. Es soll in den nächsten fünf Jahren in ganz Italien ausgerollt werden. Hinzu kommen weitere digitale Services, wie beispielsweise das Online-Portal eLogistics für die Steuerung logistischer Aufgaben. Als integrierte Plattform über alle Verkehrsträger hinweg wird hier in Zukunft die „DACHSER platform“ zur Verfügung stehen. „Bei der Systemintegration holen wir alle Beteiligten an den Tisch: Operations, Sales, Controlling, Marketing, und HR“, erklärt Tonn. „Nur mit einer ganzheitlichen Herangehensweise wird ein rasches Zusammenwachsen auf allen Ebenen gelingen.“

Die Systemintegration und die Neuausrichtung des Unternehmens, betont Tonn, geschehe immer mit vollem Fokus auf den Markt und die Kunden. „Wir haben jetzt die Möglichkeit, unterschiedlichste Anforderungen unserer Kunden zu erfüllen und daraus innovative Lösungen für diejenigen zu entwickeln, die aus Italien nach Europa liefern, genauso wie für europäische Kunden, die auf den italienischen Markt wollen“, erklärt Dr. Brillante. „Unsere Stärke ist, dass wir sowohl die großen Industriebetriebe im Norden als auch die kleineren Unternehmen im Süden bedienen können.“ DACHSER & FERCAM Italia wolle den bisherigen Fercam-Schwerpunkt von den vielen kleineren Spot-Kunden mit kurzfristigen Beauftragungen hin zu Stückgut und palettierter Ware verlagern, die an die Güterstruktur im European Logistics Netzwerk von DACHSER angepasst seien. „So werden wir diesen Kunden noch bessere und effizientere Dienstleistungen insbesondere auch in der Kontraktlogistik anbieten können.“ Das Gemeinschaftsunternehmen verfügt über 17 Warehouses in ganz Italien mit insgesamt 310.000 Palettenstellplätzen.

17

Warehouses zählt das Gemeinschaftsunternehmen in Italien mit rund 310.000 Palettenstellplätzen

DACHSER & FERCAM Italia ist Teil eines eng geknüpften europäischen Stückgutnetzwerks.

Die Mitarbeitenden machen den Unterschied

Ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Integration, betonen Alexander Tonn und Dr. Gianfranco Brillante, sei die enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitenden von DACHSER und Fercam. Das sei im Unternehmensalltag deutlich zu spüren. „Die Unternehmenskulturen unserer beiden Familienunternehmen passen perfekt zueinander“, bestätigt Francesco Comerlati. „Wir verkaufen keine Produkte, sondern bieten Dienstleistungen an, die von Menschen erbracht werden.“

Bisher sei die Marke DACHSER in Italien außer in der Lebensmittellogistik, wo DACHSER seit 2010 mit einer eigenen Landesgesellschaft aktiv ist, nicht sehr bekannt gewesen. „Aber mit der erfahrenen Führung, engagierten Mitarbeitenden und verlässlicher Leistung werden wir uns mit DACHSER & FERCAM Italia schnell einen Namen machen“, ist der Marktexperte überzeugt. Dies werde durch das bereits begonnene sukzessive Neu-Branding von Fahrzeugen und Niederlassungen in den DACHSER-Farben Gelb und Blau unterstützt. „Bald werden wir auch in Italien nicht zu übersehen sein – als starke DACHSER-Marke.“

Bernardo ist mittlerweile mit seinem Lkw oben am Brenner angekommen. Bevor es runter ins österreichische Wipptal geht, macht er Station am Rastplatz Brennersee. Die obligatorische Ruhezeit für den Fahrer. Gute Gelegenheit für einen Espresso. „Un caffè“, sagt der Fahrer an der Bar. „Aber bitte tipicamente italiano: mit viel Crema, ordentlich stark und ein bisschen süß.“

Marcus Schick

Redaktion DACHSER magazin

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